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Heilige Tiere – die indische Kuh

Die heilige Kuh im Straßenverkehr einer indischen Stadt.
Die heilige Kuh im Straßenverkehr einer indischen Stadt.

Neben dem Kastenwesen, den bunten Farben und sinnlichen Göttern, gilt die heilige Kuh als besonders markante Eigenart des Hinduismus. Die heilige Kuh gehört fraglos ins alltägliche indische Straßenbild. Doch was ist es eigentlich genau, das eine Kuh so wichtig für das Leben eines Inders macht? Die Antwort darauf lässt sich unter anderem auch mit den „Fünf Gaben“ der heiligen Kuh beantworten.

Voraussichtliche Lesedauer: 7 Minuten

Die heilige Kuh im Stadtbild indischer Städte

In der heiligsten Stadt Indiens, Varanasi am Ganges, sitzen sie mitten im dichten Straßenverkehr und genießen ihr göttliches Leben. Was steckt hinter dem Glauben der Inder an die heilige Kuh? Und was solltest Du als Reisender unbedingt wissen von diesem bekanntesten aller heiligen Tiere der Inder? Zunächst einmal: Heilige Tiere sind in Indien normal. Viele Tiere, die einem der indischen Götter zugeordnet sind, werden von den Indern verehrt. Doch „Heilige Tiere“ sind nicht gleich „Heilige Tiere“. Die Kuh ist in Indien ganz besonders heilig. Anders als der Elefant, der Tiger, der Affe, die Schlange oder der Pfau: Ausnahmslos JEDE Kuh ist in Indien heilig. Was folgt daraus für Europäer, wie uns?

Jede Kuh in Indien ist heilig

Auch in der heiligsten Stadt Indiens, Varanasi am Ganges, gehören Kühe ins ganz normale Straßenbild.
Auch in der heiligsten Stadt Indiens, Varanasi am Ganges, gehören Kühe ins ganz normale Straßenbild.

Versuche gar nicht erst zu ergründen, ob die Kuh, die Dir gerade im Wege steht, heilig ist oder nicht. Und woran Du das bemerken könntest. Lass Deinen europäischen Scharfsinn beiseite und sieh ein: Jede Kuh ist heilig für die Inder. Auf den Straßen Indiens liegen, stehen, sitzen Kühe und denken nicht daran, einem Auto oder Menschen auszuweichen. Eine Kuh in Indien wird nicht etwa nur für heilig gehalten. Ganz offensichtlich ist sie eine heilige Kuh. Kein Hindu würde einer Kuh ein Härchen krümmen.

Die heilige Kuh – Mutter allen Lebens

Für die Hindus ist die Kuh die Mutter allen Lebens und gilt als Lebensspenderin. Ihre Milch, der Kuhmist, der Urin, und auch das Butterschmalz und der Joghurt gelten als heilige Gaben an den Menschen. Man sagt in Indien: Die heilige Kuh garantiert die Erfüllung aller Wünsche! Dagegen kommt europäische Kuh-Tradition nicht an. Ehre daher jede indische Kuh, so gut es Dir möglich ist.

Religiös ist die Kuh besonders Krishna zugeordnet, einer Inkarnation von Vishnu. Krishna, neben Shiva und Ganesha, gehört in Indien zu den besonders beliebten Göttern. Gott Krishna nämlich wuchs unter Kühen auf und wurde von ihnen genährt und geschützt. Das Füttern einer Kuh gilt bis heute als Ritus, mit der der Gott Krishna verehrt wird.

Kurz und praktisch: Heilige Tiere haben Vorfahrt in Indien

  • Da die Kühe in Indien heilig sind, wäre eine sehr schlechte Idee, wenn Du eine indische Kuh wie eine deutsche Kuh behandeln würdest.
  • Es könnte sogar gefährlich werden, eine Kuh, nur weil sie Dir im Wege steht, zu beschimpfen. Auf keinen Fall solltest Du eine Kuh schlecht behandeln oder gar (versehentlich mit Auto z.B.) töten. Das Risiko, das Du bei einem Unfall eingehen würden, wäre: Von einer wütenden Menschenmenge verfolgt oder gar gelyncht zu werden.
  • Oder denk praktisch und positiv: Die Kühe bringen Ihren Besitzern Milch, Glück und Arbeitskraft. Selbst wenn eine Kuh in die Jahre kommt und keine Milch mehr gibt, bringt sie ihrem Besitzer noch Segen. Sie zu ehren, bis zu ihrem Tod, verbessert sein Karma. Geschlachtet werden Kühe daher in der Regel nicht.
  • Eine Kuh zu töten kommt für einen eine Hindu einem Mord gleich. Wenn ein Hindu eine Kuh töten würde …. nein, er würde es nicht tun.

Die heilige Kuh und ihre fünf Gaben

Der Schweizer Autor Peter Jaeggi hat 2009 ein Buch auf den Markt gebracht, das sich dem Phänomen der Kuh in Indien widmet.
Der Schweizer Autor Peter Jaeggi hat 2009 ein Buch auf den Markt gebracht, das sich dem Phänomen der Kuh in Indien widmet.
  • Die Milch
    Wie bei uns in Europa auch gilt die Milch einer Kuh als besonders wertvolles, nährendes Getränk für Kinder. In Indien wird Milch von Erwachsenen vor allem als Chai oder als Lasshi getrunken. Chai ist heißer, frisch gebrühter indischer Tee mit Milch. Jedermann trinkt ihn, es gibt ihn an jeder Straßenecke zu kaufen.
  • Das Ghee
    Das heilige Butterschmalz. Es wird bei Zeremonien und Ritualen in indischen Tempeln verwendet. Auch die Lampen in indischen Tempeln brennen mit Ghee und die Toten werden mit Ghee übergossen, bevor sie verbrannt werden. Als sehr wichtige und alltägliche Verwendung schließlich kennt man Ghee auch als Nahrungsmittel, nämlich als Butterschmalz.
  • Der Mist
    Ähnlich wie in Europa wird Kuhmist in Indien als Bindemittel zum Bauen von Lehmhütten verwendet. Den indischen Bauern hat der Mist der heiligen Kuh seit Jahrtausenden als Brennmaterial für ihre Hütten gedient. Diese Tradition wird heute fortgeführt, indem Kuhmist zum Gewinnen von Biogas eingesetzt wird. Auch werden die Felder mit Mist gedüngt.
  • Der Urin
    Die heilige Kuh hat natürlich nicht nur heiligen Kot, sondern auch einen heiligen Urin. Der Urin der Kuh wird in indischen Tempeln so verwendet wie im christlichen Europa das Weihwasser. Jeder zum Hinduismus bekehrte wird zum Beispiel mit dem Urin einer Kuh besprenkelt. Ganz praktisch wirkt der Urin einer Kuh desinfizierend. Er soll auch als Getränk heilende Wirkung haben. Und man sagt in Indien sogar, dass der Urin einer Kuh gegen Karies helfen soll.
  • Das Lasshi
    Lasshi ist ein Getränk aus Joghurt. Es spielt in der Tradition Indiens eine wichtige Rolle. Wie der Chai ist auch Lasshi ein Milch-Getränk. Anders als der Chai wird es jedoch nicht heiß, sondern kalt getrunken.

Kleine Entwarnung in Sachen Heiligkeit

  1. Je nachdem, wohin Du in Indien reisen: Nicht alle Inder sind religiös, auch wenn sie das laut europäischen Vorurteil zu sein haben.
  2. Als Morddelikt gilt das Töten einer Kuh in Indien nicht.
  3. Du brauchst als Ausländer daher weniger befürchten, gelyncht zu werden, wenn Du versehentlich einer Kuh die Vorfahrt genommen hast.

Quellen:

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