Die alten Ägypter kannten und erzählten sich einige Schöpfungsgeschichten. Sie beschrieben also ganz genau, wie sie sich die Schöpfung der Welt vorstellten. Die Götter Nun, Nut und Atum spielten dabei eine besondere Rolle.
Schöpfungsgeschichte um NVN als Urmeer / Urwasser
Am Anfang gab es die Gottheit Nun, das Urwasser, die Gottheit, die alles was werden sollte, in sich vereinte und bewegte.
Nun wird als Urwasser beschrieben, doch müssen wir uns dieses Wasser nicht als wässrige, von Feuer, Luft und Erde getrennte, Flüssigkeit vorstellen, sondern – wenn das Bild hilft – als feuriges Wasser, als lebendiges, wirbelndes Chaos. Nun wird mitunter auch Heh, genannt und ist als das Wasser des unendlichen Chaos bekannt.
Dieses wirbelnde, feurige Wasser ist nicht materiell oder als Substanz gedacht, sondern als Gedanke, Bewegung, Traum. Nun ist reine Bewegung – Wasser, Wellen, Bewegtheit, wenn man so will, die alles weitere ermöglicht – aber nicht schon enthält oder bestimmt. Eine sehr moderne, wenn man an Luhmann oder Maturana denkt, Auffassung von Schöpfung.
Schöpfungsgeschichten um Nut
Die neun Götter von Heliopolis sind eine von vermutlich sogar vielen Schöpfungsgeschichten, die sich die alten Ägypter vorstellten. Bei diesen Schöpfungsgeschichten spielt auch die Göttin Nut eine wichtige Rolle. Daneben und auch davor gab es andere Schöpfungsgeschichten rund um Nut, die Himmelsgöttin der Ägypter. Zum Beispiel war die Himmelsgöttin Nut ursprünglich nicht die Tochter von Schu und Tefnut, sondern die Mutter aller anderen Götter.
Nut als Mutter aller Götter
Als die Erde umwölbender Himmel gebar sie jeden Morgen die Sonne und verschlang sie am Abend, um sie des Morgens wieder zu gebären.
Weshalb Nut mitunter auch als Himmelskuh dargestellt wird. Auch die Geschichte, dass Nut und Geb von Schu getrennt wurden, sodass fortan Himmel und Erde voneinander geschieden waren, stammt aus dem alten Mythos von Nut als Mutter aller anderen Götter.
In Heliopolis jedoch wurde Atum zu dem einen sich selbst erzeugenden Schöpfergott, der zugleich einen ersten Gegensatz hervor bringt: Luft und Feuer: Das Zwillingspaar Schu und Tefnut, die Eltern von Nut und ihrem Gemahl Geb.
Nut – die Himmelsgöttin und Geb, den Gott der Erde. Sodass also Nut in dieser Version die Enkeltochter des Schöpfergottes ist oder anders: Nicht aus dem Himmel wird die Sonne geboren, sondern die Sonne ist es, die Himmel, Erde (und alles was lebt) erschafft.
Nut – die Himmelsgöttin
In beiden Versionen aber ist der Himmel bei den Ägyptern und das ist auf jeden Fall eine Besonderheit der ägyptischen Mythologie, eine wunderschöne nackte Frau: Nu oder Nut. Sie umwölbt die Erde von einem Horizont zum anderen. Wobei wir uns natürlich klar müssen, dass sich die Ägypter die Erde als eine Scheibe vorstellten.
Über diese Scheibe also wölbte sich schützend die Himmelsgöttin Nut. Am Tage im hell leuchtenden Blau, des Nachts dagegen in einem tiefen Dunkelblau mit tausenden goldenen Sternen auf ihrem Leib.
Diese Vorstellung der nächtlich leuchtenden Nut, die zu leuchten beginnt, sobald die Sonne ihre Bahn durch die Unterwelt zieht, war für die alten Ägypter sehr präsent. Sie erlebten dieses Schauspiel in ganzer Pracht sehr viel häufiger als wir hier heute in Europa. Wer von euch schon einmal in Ägypten oder noch besser:
Wer schon mal des Nachts in der Wüste war, weiß wovon ich spreche: Der Nachthimmel in der Wüste ist überwältigend schön und nah und lebendig. Die Erde dagegen, der Gott Geb, ist eine männliche Gottheit, der Zwillingsbruder und zugleich der Geliebte und Gemahl der Himmelsgöttin Nut.
Dieses Götterpaar brachte die vier – dann schon eher irdischen, direkt handelnden Götter: Osiris, Isis, Seth und Nephtys, hervor.
Was wird aus der Gottheit Nun?
Damit sind es neun Götter, die aus Urmeer, der Gottheit Nun entstanden. Entstanden aus – meint bei den alten Ägyptern wie auch in anderen Mythologien jedoch nicht, dass es die ursprüngliche Gottheit dann nicht mehr geben würde. Nein, sie leben weiter, auch wenn sie sich natürlich allein schon dadurch verändern, dass sie nun – wie im Fall von Nun – in anderen Göttergestalten sichtbar geworden sind.
In anderen alten Schriften der Ägypter, in denen sie den täglichen Lauf der Sonnenbarke minutiös beschreiben, begegnen wir Nun wieder. Der Schöpfergott Atum wird nun als Ra – die personifizierte Sonne beschrieben und fährt auf seiner Barke, begleitet von weiteren Göttern, die jeder eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen haben, des Tags über den Himmel von einem Horizont zum anderen und des Nachts durch die Unterwelt – Duat, sodass auch diese vom lebensspendenden Licht der Sonne erfüllt wird.
12 Stunden also – so beschreiben es die Ägypter- fährt der Sonnengott Ra (Atum Ra, Atum Re) auf seiner Sonnenbarke durch die Gewässer – das Urmeer – der Unterwelt, in der ihn die Toten begrüßen und begleiten und der er sich schließlich mit Osiris vereint und so vom alten Greis wieder zum Kind wird, das seine Fahrt erneut nun mit frischer Kraft fortsetzen kann.
Schließlich kommt er an dem Ort an, an dem er die Unterwelt verlässt. Nun ist es, der die Sonnenbarke mit den Göttern an Bord empor hebt, sodass die Sonnenbarke die Gewässer der Unterwelt verlassen und ihre Fahrt über das Himmelsgewölbe (Nut) fortsetzen kann.
Schöpfungsgeschichte in Heliopolis: Die neun Götter von On
Die Schöpfungsgeschichte (Neunheit) von On (Heliopolis) ist die ägyptische Darstellung zur Schöpfung der Welt, die besonders von den Priesterschaft in Heliopolis als gültige festgeschrieben wurde.. Sie sei hier noch einmal im Zusammenhang erzählt – so wie in Heliopolis niedergeschrieben. Die Schöpfungsgeschichte von On (Heliopolis) erzählt, dass zu Anfang das Urwasser Nun war:
„Bevor der Himmel existierte, bevor die Erde existierte, bevor der Mensch existierte, bevor der Tod existierte gab es nur Nun.“
Der Schöpfergott Atum, erhob sich als erster der Götter aus dem chaotischen Urwasser Nun. Atum erschuf einen Urhügel. Auf diesem setzte er sich nieder und so ward Heliopolis – die Stadt der Sonne.
So war aus dem Urwasser Nun ein neuer Schöpfergott – Atum entstanden. Und dieser erschuf mit seinem Schweiß und seinen Tränen die vier Elemente: Luft und Feuchtigkeit, Himmel und Erde.
Als erstes seiner Werke erschuf Atum die beiden Zwillinge Schu (die Luft) und Tefnut (die Feuchtigkeit). Die beiden waren das erste Götterpaar der Welt und wuchsen auf in der Obhut von Nun, dem Urwasser. Überwacht wurden die beiden Geschwister von dem Auge des Atum.
Herangewachsen zeugten die Luft und die Feuchtigkeit das Geschwisterpaar Nut, die Göttin des Himmels und Geb, den Gott der Erde. Mit Himmel und Erde war der Rahmen für alles Leben erschaffen. Die Welt, wie wir sie kennen, die materielle, sichtbare Welt, konnte nun erst entstehen und so geschah es denn auch.
Nut und Geb zeugten vier Kinder, die das Leben und die Geschichte Ägyptens prägen sollten: Osiris und Isis, Seth und Nephtys.
Bildquellen:
© Von Jeff Dahl – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3375043 / Dendera_Deckenrelief_02.JPG: Olaf Tauschderivative work: JMCC1 (talk) – Dendera_Deckenrelief_02.JPG, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16304126